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Der Ressourcenhunger von Sprachmodellen stellt die weltweite digitale Infrastruktur vor neue Herausforderungen. Einer Studie des Ökoinstituts nach wird der Energieverbrauch von KI-Rehenzentren bis 2030 so stark ansteigen, dass er die Klimaziele weiter gefährdet. Und auch beim Wasserverbrauch sowie beim anfallenden Elektroschrott durch generative KI sieht die Zukunft bislang düster aus. Teil des Problems ist dabei: Big-Tech-Unternehmen halten sich mit Angaben zum Ressourcenverbrauch ihrer neuen Tools eher zurück.
Der Energie-, Wasser- und Ressourcenhunger schwankt von Sprachmodell zu Sprachmodell allerdings deutlich. Er ist dabei von der Größe des jeweiligen Modells sowie von weiteren Faktoren abhängig. Das Team von GenAI Impact möchte Nutzenden daher eine Hilfestellung bei der Auswahl des geeigneten Sprachmodells bieten. Wir haben mit Co-Founderin Caroline Jean-Pierre über das Tool EcoLogits gesprochen.
Messung direkt an der API oder im Browser
EcoLogits ist eine frei verfügbare Open-Source-Anwendung, die Entwickler:innen in ihre Produkte einbinden können. „Wenn Du als Entwickler in Deinen Programmen Anfragen an OpenAI sendest, kannst du EcoLogits [… zur Messung des Ressourcenverbrauchs …] verwenden.“ Denn EcoLogits greift für seine Schätzungen direkt auf die APIs zu, die Unternehmen wie OpenAI, Meta oder Google als Schnittstellen zu ihren Sprachmodellen anbieten.
Was ist eine API?
Die Abkürzung API steht für Application Programming Interface und beschreibt einen Zugangspunkt zu Programmen und Computersystemen. Programmierer:innen eines neuen oder bestehenden Programms können dabei einfach und sicher auf Daten anderer Programme zugreifen.
Am Beispiel von KI-Systemen bedeutet das etwa: Ein Entwickler für eine Sprachlern-App möchte einen KI-Chatbot in sein Programm integrieren. Und über eine API kann er eine Verbindung zu Systemen wie ChatGPT, Perplexity oder Google Gemini schaffen.
Anhand der Daten, die über die API-Verbindung übertragen werden, kann EcoLogits Schätzungen zum Ressourcenverbrauch erstellen. Stand Juli 2025 geht das bereits mit dem Energieverbrauch, dem benötigten Strom, den freigesetzten Treibhausgasen sowie für den Hardware-Ressourcenverbrauch. Den Wasserverbrauch möchte GenAI Impact als Kennzahl in einer zukünftigen Version hinzufügen.
„Während wir EcoLogits entwickelt haben, konnten wir auch ein Interesse für die breite Öffentlichkeit erkennen. Daher haben wir uns dazu entschlossen, zusätzlich den EcoLogits Calculator zu veröffentlichen“

Wie groß ist der Ressourcenverbrauch von GenAI überhaupt?
Dass etwa ChatGPT mehr Strom verbraucht als eine Google-Suche, haben die meisten Menschen inzwischen gehört. Allerdings ist ein steigender Energieverbrauch aus ökologischer Sicht nicht das einzige Problem von GenAI.
Erst einmal ist der Energieverbrauch von KI-Rechenzentren besonders kritisch, da sie rund um die Uhr laufen. Wenn die Betreiber von Rechenzentren auf grüne Energie setzen, müssen sie zusätzlich noch auf fossie Brennstoffe setzen, um die Dauerleistung zu gewährleisten. Der Experte Ralph Hintemann schreibt KI-Rechenzentren daher in den nächsten Jahren einen Großteil der CO2-Emissionen in der Digitalisierung zu.
Zu diesem Energieverbrauch kommt ein großer Wasserdurst, der bei der Kühlung der Rechenzentren entsteht.
Da KI-Anwendungen die Hardware von Rechenzentren stark beanspruchen, steigt auch der Bedarf an Grafikkarten und Server-Infrastruktur. Was sich langfristig gesehen auch in mehr Elektroschrott widerspiegelt.
Die derzeit etablierten Sprachmodelle konzentrieren sich zudem auf wenige Sprachen wie Englisch oder Mandarin. Minderheitensprachen werden so ausgegrenzt, was die Teilhabe an KI-Modellen im globalen Süden deutlich verschlechtert. Dabei sind es gerade Menschen in ärmeren Ländern, die unter den Folgen des KI-Booms leiden.
Der EcoLogits Calculator ist ebenfalls kostenlos, steht Interessierten auch ohne Coding-Kenntnisse via Web-App auf HuggingFace bereit. Nutzende können dabei zwischen aktuellen Sprachmodellen wählen und vordefinierte Anwendungsfälle auswählen. Etwa das Erstellen einer E-Mail, das 170 Output-Tokens umfasst oder gleich der ganze Code für eine App, der 15.000 Output-Tokens umfassen würde. Wie wir in unserem Ratgeber zur Reduzierung des Ressourcenverbrauch der eigenen KI-Nutzung erkundet haben, steigt der Ressourcenverbrauch mit der Anzahl der angefragten Output-Tokens. Wer bereits genau weiß, wie lang der benötigte Text sein soll, kann die verbrauchten Tokens auch über den „Tokens estimator“ schätzen und die exakte Menge im Profi-Modus des EcoLogits Calculator berechnen.
Nach einer kurzen Berechnungszeit spuckt der KI-Ressourcen-Taschenrechner Informationen über den Energieverbrauch, die freigesetzten CO2-Äquivalente sowie die benötigte Menge an Edelmetallen und Mineralien aus. Diese recht abstrakten Werte setzt GenAI im gleichen Schritt etwa mit der Reichweite eines Elektroautos oder anderen Kennwerten ins Verhältnis.
Lebenszyklus-Analysen für Sprachmodelle
Caroline Jean-Pierre weist im Gespräch auch auf andere Tools für die Berechnung der Emissionen von Sprachmodellen hin. „Wir wollen uns aber nicht nur auf die Energie und die freigesetzten CO2-Emissionen konzentrieren. Stattdessen möchten wir so nah wie möglich an eine Lebenszyklusanalyse von Sprachmodellen herankommen.“ GenAI Impact konzentriert sich dabei jedoch nur auf die Inferenz – also quasi den laufenden Betrieb – des jeweiligen Sprachmodells, um mehr Informationen über die Nutzung der Modelle zu präsentieren. Ressourcenintensive Prozesse wie das Training von Sprachmodellen, das monatelang in riesigen Rechenzentren stattfindet, lässt die genutzte Methodologie also außen vor.
Das französische KI-Unternehmen Mistral stellte eine solche Analyse im Juli 2025 vor. In einer bislang einzigartigen Analyse, die von unabhängigen Instanzen gegengeprüft wurde, zeigt Mistral dabei, wie ressourcenintensiv der gesamte Lebenszyklus eines Sprachmodells ist. So können wir auch sehen, wie groß der Anteil der Inferenz an den gesamten Emissionen eines KI-Modells ist.
Wie ermittelt GenAI Impact diese Daten?
Schauen wir uns auf dem EcoLogits Calculator um, sehen wir immer wieder Hinweise auf die Ungenauigkeit der Ergebnisse. Kurz nach unserem Gespräch mit Caroline Jean-Pierre im Juli ergänzte GenAI Impact im Web-Tool sogar Abweichungen, welche die minimalen und maximalen Schätzwerte darstellen. Warum können wir den Energieverbrauch also nicht genau ermitteln?
„Es gibt offene Modelle, bei denen wir den Ressourcenverbrauch messen können. Und die zeigen eine lineare Abhängigkeit zwischen Parametern und dem Energieverbrauch pro Token. Zusammen mit Leaks und Schätzungen zu den Entwicklungskosten bestimmter Sprachmodelle versuchen wir diese Ergebnisse auf große Sprachmodelle zu übertragen.“
Diese Schätzungen präsentiert GenAI Impact nach Open-Data-Prinzipien. Andere Unternehmen oder Forschende können sie dementsprechend überprüfen und korrigieren. „Alles ist offen und transparent – und wir geben auch Fehlerwahrscheinlichkeiten an, um die Genauigkeit der Ergebnisse durchsichtiger zu machen.“
Wie sieht eine grüne digitale Zukunft aus?
Elektroschrott, CO2-Emissionen durch KI, Wasserverbrauch von Rechenzentren – aktuell scheint die ungezügelte Digitalisierung nicht mit einem gesunden Planeten vereinbar. Doch es gibt viele Lösungen für eine ökologische und faire Digitalisierung – wir haben sie recherchiert:
Auf die Frage nach möglichen Reaktionen von Big-Tech-Unternehmen auf ihre Schätzungen antwortete Caroline Jean-Pierre zudem: „Sobald die großen Tech-Unternehmen die echten Daten offenlegen, ändern wir unsere Schätzungen gerne.“ Mit Mistral hat jetzt zumindest ein etablierter KI-Hersteller Messwerte offengelegt. Ein Vergleich zeigt: die angegebenen Werte liegen im Schätzbereich des EcoLogits Calculator.
Erst einmal sucht das Team von GenAI Impact allerdings nach ehrenamtlichen Programmierer:innen, um EcoLogits zukünftig in der Programmiersprache Java anbieten zu können. Auch Unterstützung in Form von Förderungen benötigt GenAI Impact aktuell noch. Mehr Informationen gibt es auf der Homepage des Unternehmens.
Wir bedanken uns bei Caroline Jean-Pierre für das Gespräch!

Dieser Artikel ist Teil des Dossiers „Digital und grün – Lösungen für eine nachhaltige Digitalisierung“, in dessen Rahmen wir Lösungen für eine ökologische und faire Digitalisierung vorstellen. Wir danken der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für die Projektförderung!
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