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Die Luftfahrtindustrie trägt zu zwei Prozent der globalen CO2-Emissionen bei. Klingt erstmal wenig, ist es aber nicht. Außerdem bezieht sich die Zahl von zwei Prozent nur auf die Erwärmungseffekte der CO2-Emissionen auf den Planeten. Dabei tragen neben CO2 auch andere Emissionen, die durch die Luftfahrt freigesetzt werden, zur globalen Erwärmung bei. Die Gesamtzahl der Emissionen dürfte also eher bei mindestens sechs Prozent liegen. Und wenn man bedenkt, dass im Jahr 2018 nur ein Prozent der Weltbevölkerung für die Hälfte aller Emissionen im Luftverkehr verantwortlich war, erscheint der Einfluss des Fliegens auf die globale Erwärmung noch ungerechter.
Aber wenn Flugzeuge weniger Treibstoff verbrauchen würden, wäre das Fliegen dann nicht mehr so ein großes Problem? Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat eine neue Software entwickelt, die mithilfe KI-basierter Technologien Luftströmungsbedingungen simuliert. Stefan Görtz, Leiter des Zentrums für Computeranwendungen in der Luft- und Raumfahrtwissenschaft und -technik am DLR, erklärt, dass die KI-Modelle die Luftströmung für verschiedene Situationen im Flugbetrieb sehr genau simulieren und so erkennen können, wie sich Konstruktionsänderungen auf den Treibstoffverbrauch auswirken. Das KI-Modell kann viele schnelle Vorhersagen treffen und spart so Zeit und Geld im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden zur Analyse der Treibstoffeffizienz von Flugzeugen.
„Effizienzsteigerungen führen nicht unbedingt zu Emissionssenkungen“
RESET sprach mit Finlay Asher, einem Luft- und Raumfahrtingenieur und Mitbegründer von Safe Landing, einer globalen Gemeinschaft von Beschäftigten in der Luftfahrt, die die Klimaauswirkungen des Flugverkehrs rasch reduzieren wollen.
Auch Asher ist davon überzeugt, dass effizientere Flugzeuge die Treibstoffmenge reduzieren können, die ein Flugzeug für einen Flug benötigt. Aber er geht nicht davon aus, dass Effizienzsteigerungen unbedingt zu Emissionssenkungen führen. „Flugzeuge sind heute viel effizienter als Flugzeuge in der Vergangenheit. Aber effizientere Flugzeuge beschleunigen das Wachstum des Luftverkehrs – man spricht vom Rebound-Effekt – sodass diese Verbesserungen bisher immer zu einem Emissionsanstieg geführt haben.“
Selbst wenn ein Flugzeug um 20 Prozent effizienter wird und 20 Prozent Treibstoff weniger verbraucht, wird der eingesparten Treibstoff in der Realität für weitere Flüge verwendet. Die Luftfahrtindustrie wird voraussichtlich um 4,3 Prozent pro Jahr wachsen – und es ist davon auszugehen, dass Effizienzsteigerungen das Wachstum dieses Sektors nur weiter beschleunigen.
Asher weist auch auf die Gefahr hin, die mit dem Vertrauen in KI-basierte Lösungen verbunden ist, da künstliche Intelligenz sehr energieintensiv ist. „Wenn der Energieverbrauch von KI und des IT-Sektors im Allgemeinen weiterhin so stark ansteigt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien nicht mithalten kann, wird dies zu einem höheren Verbrauch fossiler Brennstoffe und höheren Emissionen führen.“
Regierungen müssen CO2-Budgets festlegen, um das Wachstum der Luftfahrt zu begrenzen
Was also kann wirklich helfen, um die Emissionen der Luftfahrt zu senken? In den letzten Jahren haben sogenannte Sustainable Aviation Fuels (SAF) immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. SAF wird aus Abfallstoffen wie gebrauchtem Speiseöl hergestellt und soll Kerosin ersetzen. Aber Asher weist darauf hin, dass es nicht möglich ist, SAF zu skalieren, um unseren Luftfahrtbedarf zu decken, „vor allem, wenn die Luftfahrt mit KI-Rechenzentren um kohlenstoffarmen Strom konkurriert“.
Auch die Vermeidung von Kondensstreifen ist eine Möglichkeit, die Klimaauswirkungen des Luftverkehrs zu reduzieren. Doch auch das kann Fliegen maximal ein wenig besser machen. Eine tatsächlich wirkungsvolle Lösung kommt also nicht darum herum, den Flugverkehr insgesamt zu senken. Inlandflüge zu verbieten wäre dazu ein erster sinnvoller Schritt, wie ihn beispielsweise Frankreich gemacht hat. Außerdem sollten Regierungen klare CO2-Budgets festlegen, die vorschreiben, wie viel CO2 die Luftfahrtindustrie maximal ausstoßen darf. In diesem Szenario sorgen Effizienzsteigerungen bei Flugzeugen dann nicht einfach nur für weiteres ungehindertes Wachstum der Flugindustrie. „Wenn wir [die globale Erwärmung] wie einen Notfall behandeln würden, dann würden wir genau das tun“, betont Asher.
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