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Ein Schluck Revolution

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25 Jul, 2024

This post was originally published on Good Impact

Kaffee hat eine wilde Geschichte: Er machte die Menschen wacher und kritischer, aber er kurbelte auch Kapitalismus und Ausbeutung an.

Na, heute schon eine Tasse 1,3,7-Trime-thylxanthine gegönnt? Das ist der chemische Name der beliebtesten Droge der Welt: Koffein. Die meisten von uns nehmen es täglich in Form von Kaffee oder Tee zu sich. Dadurch blockieren wir im Gehirn die Rezeptoren des Stoffes Adenosin, der uns schläfrig macht. Was jedoch die wenigsten Menschen wissen: Ohne Kaffee hätte es die Aufklärung und die Entwicklung demokratischen Denkens, vielleicht auch den Hyperkapitalismus nie gegeben!

Aber von vorn: Schon im 11. Jahrhundert berichtete der persische Arzt Ibn Sına von der stimulierenden Wirkung der Kaffeebohne, damals Bunk genannt. Um diese Zeit fingen die Menschen gerade erst an, Kaffee aus medizinischen Gründen zu trinken. Davor, schreibt die irakische Historikerin Nasal Nasrallah in einem Gastbeitrag für das Online-magazin Atlas Obscura, wurden geröstete Kaffeebohnen dazu verwendet, schlechte Gerüche zu vertreiben, sich die Hände zu waschen und wohl schon früh auch als Haut-Peeling benutzt.

Erst im 16. Jahrhundert begann eine Revolution, die unser Leben bis heute prägt: Unter dem Namen Qahwa wurde Kaffee das erste Mal in den Kaffeehäusern Konstantinopels, der Hauptstadt des Osmanischen Reichs, getrunken. Diese wurden bald zu Begegnungsorten der Intellektuellen – was zwangsläufig dazu führte, dass dort auch die Sultane, die an der Macht waren, hinterfragt wurden. Das passte einigen osmanischen Herrschern nicht: Mehrfach versuchten sie vom 16. bis ins 18. Jahrhundert, Kaffee zu verbieten. Unter Sultan Murad IV. galt sogar zwischenzeitlich die Todesstrafe für Kaffeekonsum.

Auch in Europa wurden Herrschende zunehmend paranoid, wenn es um Kaffffeehäuser ging: In England verbot König Charles die Häuser 1675, um einem Komplott gegen ihn zuvorzukommen. In Paris trafen sich die Revolutionär:innen rund um Robespierre in Cafés, um die französische Republik zu planen. Später entwickelten die Existenzialist:innen um Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre dort im Café de Flore ihre radikalen Ideen. In Preußen verbot Friedrich der Große das Rösten des braunen Goldes. In seinem Auftrag waren die gefürchteten Kaffeeschnüffler unterwegs, die Bohnen-Schmuggler:innen anhand des wunderbaren Dufts erkennen und denunzieren sollten. Der Alte Fritz fürchtete große Einbußen an Biersteuern. Und das war vielleicht der entscheidende Effekt des Kaffees: Zuvor hatten die Menschen wegen der vielen Keime im Wasser 24/7 verdünnten Alkohol in sich hineingeschüttet. Nun gab es eine Substanz, die ihren Verstand nicht vernebelte, sondern klärte.

Dadurch wurde Kaffee allerdings auch zum Triebmotor des Kapitalismus: Die Bohnen, die in Lateinamerika und Afrika damals durch Sklaverei und noch heute in ausbeuterischen Strukturen geerntet wurden und werden, brachten der westlichen Welt Reichtum. In den 1950er-Jahren erklärte sogar ein Gericht in den USA Kaffeepausen zur Arbeitszeit, weil sie die Produktivität nachweislich steigern. Derweil geht immer mehr Regenwald für den Anbau von Kaffee verloren. Denk also beim nächsten Kaffee daran: Ein Schluck kann eine Revolution einleiten. Aber ein Schluck zu viel auch den Planeten zerstören.

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