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Auf den sanften Hügeln des ländlichen Kenias vollzieht sich so auf den kleinen Bauernhöfen ein stiller Wandel. Es gibt keine großen Maschinen oder weitläufige Gewächshäuser. Nur Bäuer:innen, ihr Vieh und jetzt auch Sprachnachrichten auf ihren Smartphones von Digicow.
Jahrzehntelang bedeutete Beratung in der Landwirtschaft in Kenia, dass man wochen- und manchmal monatelang auf Beamt:innen warten musste. Diese haben einen dann mit Ratschlägen oder vielleicht auch mit einer Tüte Saatgut besucht. Jetzt ersetzt ein lokales Agrartechnologie-Startup, DigiCow Africa Ltd, dieses alte Modell durch etwas viel Zugänglicheres: digitale Beratung für die Hosentasche der Landwirt:innen.
„Wir haben mehrere Lücken festgestellt“, sagt Mercy Cheptoo, die Ausbildungskoordinatorin von DigiCow. „Uneinheitlicher Zugang zu Beratungsdiensten, begrenzte Folgemaßnahmen und eine fehlende Integration zwischen der Unterstützung von Landwirtschaft und Viehzucht. Unser Ziel war es nicht, die traditionelle Beratung zu ersetzen, sondern sie intelligenter, konsequenter und reaktionsschneller zu machen.“
Telefone werden zu landwirtschaftlichen Klassenzimmern
Das Flaggschiff von DigiCow liefert kurze, audiobasierte Lektionen, die auf die Realitäten des ländlichen Lebens zugeschnitten sind. Die Lektionen werden per Sprachnotiz, SMS oder über die App selbst verschickt. Sie werden in Suaheli und den lokalen Sprachen geliefert, um sie so leicht wie möglich zu verstehen.
„Wir haben erkannt, dass das Audioformat in ländlichen Gebieten leichter zugänglich ist als Video“, sagt Cheptoo. „Es bringt die Landwirte in Kontakt, statt sie nur zu informieren.“
Und für diejenigen, die kein Smartphone besitzen, gibt es die Ndume-App, die von geschulten Tierärzt:innen und Berater:innen genutzt wird, um Daten zu erfassen und Dienstleistungen für einzelne Landwirt:innen zu erbringen. Jedem Landwirt und jeder Landwirtin wird eine eindeutige ID zugewiesen, um Kontinuität und Unterstützung im Laufe der Zeit zu gewährleisten.
„Wir gehen nicht davon aus, dass jeder digital bewandert ist“, fügt Cheptoo hinzu. „Also haben wir ein System entwickelt, das auch für Landwirte funktioniert, die komplett offline sind.“
Weit weg von einer Kultur der Almosen
Die Technologie ist zwar das Herzstück der DigiCow-Innovation, doch der eigentliche Wandel liegt in der Denkweise, zu der sie aufruft. Jahrelang wurden Beratungsdienste mit Spenden und Almosen assoziiert – Dünger, Saatgut oder Futtermittel. DigiCow arbeitet daran, dieses Bild zu ändern.
„Es gibt eine starke Assoziation zwischen Beratung und Almosen, die unrealistische Erwartungen wecken kann“, erklärt Cheptoo. „Einige Landwirte erwarten die Unterstützung, die sie erhalten, anstatt etwas für sie zu leisten.“
Indem DigiCow sich auf Bildung und kontinuierliches Lernen konzentriert, hilft es den Landwirt:innen, den langfristigen Wert von Wissen und die Erträge zu erkennen. Und daraus ergeben sich bessere Praktiken.
Vertrauen, Ausbildung und Verankerung in der Gemeinschaft
Ein wesentlicher Teil des Erfolgs von DigiCow liegt in seinem hybriden Ansatz. Denn Trainer:innen arbeiten noch immer mit Landwirt:innen in Gruppen zusammen, um sie in die App einzuführen, sie durch die Funktionen zu führen und Fragen zu beantworten. Diese persönlichen Sitzungen sind entscheidend für den Aufbau von Vertrauen und die Überwindung von Hemmungen vor digitalen Werkzeugen.
„Damit wird die Lücke für diejenigen geschlossen, die der Technologie noch skeptisch gegenüberstehen oder nur über begrenzte digitale Kenntnisse verfügen“, sagt Cheptoo. „Es ist ein vertrauensbasiertes Modell, das von Menschen angeboten wird, die die Landwirte bereits kennen.“
Die Ausbilder:innen bieten auch fortlaufende Unterstützung, indem sie regelmäßig in die Gemeinden zurückkehren und die Lektionen durch monatliche Nachfassaktionen vertiefen.
„Es ist nicht nur eine einmalige Schulung“, betont Cheptoo. „Es ist ein kontinuierliches Lernen.“
Eine grünere und intelligentere Landwirtschaft
DigiCow verbessert nicht nur den Zugang, sondern hilft den Landwirt:innen auch bei der Einführung nachhaltigerer Praktiken. Während sich die meisten Gespräche über Landwirtschaft und Klimawandel auf die Produktion konzentrieren, tragen auch unterstützende Dienstleistungen wie die landwirtschaftliche Beratung zu Emissionen bei, insbesondere durch kraftstoffintensive Reisen. DigiCow trägt dazu bei, diese Emissionen zu reduzieren, indem viele persönliche Besuche durch digitale Interaktionen ersetzt werden.
„Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt unseres Handelns“, sagt Cheptoo. „Unser digitales Verlängerungssystem trägt dazu bei, Transportemissionen zu reduzieren, macht die papierbasierte Dokumentation überflüssig und unterstützt klimaschonende Praktiken.“
DigiCow fördert über seine digitalen Plattformen auch klimagerechte Praktiken unter Kleinbauern. Die Landwirt:innen erhalten Anleitungen zu Techniken der nachhaltigeren Landwirtschaft, wie zum Beispiel effiziente Wassernutzung, verbessertes Düngermanagement und den Anbau von dürreresistenten Futterpflanzen.
In Anbetracht der sich verändernden klimatischen Gegebenheiten vermittelt DigiCow den Landwirt:innen Strategien zur Anpassung an sich verändernde Wettermuster, einschließlich Tipps zur Bodenerhaltung und nachhaltigen Landbewirtschaftung.
Diese Praktiken erhöhen nicht nur die Produktivität der Betriebe, sondern stärken auch die Widerstandsfähigkeit gegen klimabedingte Herausforderungen wie unregelmäßige Niederschläge und längere Trockenperioden.
Die Apps bieten auch integrierte Tools zur Verfolgung des Milchertrags, zur Überwachung der Tiergesundheit und zur Führung von Produktionsaufzeichnungen. Diese Daten helfen Landwirt:innen und Ausbildenden, Probleme frühzeitig zu erkennen und maßgeschneiderte Lösungen zu finden, die den Gegebenheiten des / der jeweiligen Landwirt:in entsprechen.
Herausforderungen und Lösungen von DigiCow
Natürlich läuft nicht alles reibungslos. In einigen Gebieten ist die digitale Kompetenz immer noch eine große Hürde, und die Landwirt:innen haben Schwierigkeiten, sich selbst mit einfachen USSD-Codes zurechtzufinden. Aber DigiCow lässt sich davon nicht beirren.
„Wir haben Landwirte, die mit einfachen Aktionen wie der Verwendung von USSD-Codes Schwierigkeiten haben“, gibt Cheptoo zu. „Aber nichts ist unlösbar.“
Das Team verschickt Erinnerungsschreiben auf Suaheli, führt Telefonate und bietet bei Bedarf persönliche Unterstützung an. Der Fokus liegt nicht auf Perfektion, sondern auf Fortschritt.
„Wir finden Wege, um die Beschränkungen zu umgehen. Wichtig ist, dass sich die Landwirte unterstützt und nicht verurteilt fühlen“, fügt sie hinzu.
Es gilt auch, eine gewisse Skepsis zu überwinden, vor allem in Gemeinden, die schon erlebt haben, dass andere Technologieprojekte nicht erfolgreich waren.
„Vertrauen aufzubauen ist ein langsamer, aber bewusster Prozess“, sagt Cheptoo. „Aber konsequente Präsenz und greifbare Ergebnisse sprechen für sich.“
Der nächste Schritt: In andere Länder expandieren
Mit über 70.000 Landwirt:innen und 1.500 Tierärzt:innen, die bereits an Bord sind, hat das Modell von DigiCow das Potenzial, in anderen Ländern übernommen zu werden. Auch wenn die Plattform einfach erscheint, kann sie überraschend viel bewirken.
„Wir planen auf jeden Fall, dieses Modell auf andere Länder auszuweiten“, sagt Cheptoo. „Die Probleme, die wir angehen – Zugang zu hochwertiger Beratung, zuverlässige Nachbetreuung, erschwingliche Dienstleistungen – sind grenzüberschreitend relevant.“
Für Cheptoo sind es jedoch oft die kleinsten Momente, die am meisten bewirken: ein:e Landwirt:in, der oder die eine Krankheit verhindert, nachdem er oder sie eine Sprachnachricht gehört hat. Oder der oder due sich nach einer SMS-Erinnerung daran erinnert, seine oder ihre Milcherträge zu überwachen.
„Diese kleinen Erfolge sind wichtig“, sagt sie. „Sie schaffen Vertrauen. Sie schaffen Lebensgrundlagen.“
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