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Fragt man an den meisten Orten der Erde jemanden unter 40 Jahren, wird man kaum jemanden finden, der oder die einen Tag ohne Internet verbringt. Im Juli 2024 gibt es weltweit etwa 5,45 Milliarden Internetnutzer:innen – das sind 67,1 Prozent der Weltbevölkerung. Länder wie Nordkorea verzerren diese Statistik ein wenig, denn hier gibt es praktisch keine Internetnutzung. Die Staaten in Nordeuropa weisen aber einige der höchsten Nutzungsraten auf. Die Internetnutzung im Vereinigten Königreich etwa liegt bei rund 96 Prozent und in Deutschland sind es immerhin 95 Prozent.
Dennoch gibt es nach Angaben der britischen Wohltätigkeitsorganisation Good Things Foundation auch hier eine digitale Ausgrenzung. Wenn vier Prozent der britischen Bevölkerung das Internet nicht nutzen können, sind das immer noch fast drei Millionen Menschen. Ältere, ärmere oder körperlich und geistig eingeschränkte Menschen mit sind oft die, die außen vor bleiben. Eine spannende Beobachtung: Während der Corona-Pandemie sind 1,5 Millionen Menschen im Vereinigten Königreich zum ersten Mal online gegangen. Dass deren Nutzung aber noch im Verlaufe der Pandemie zurückging, zeigt allerdings auch: Es gibt zu viele Barrieren, die viele vom Zugang zu einer mittlerweile oft unverzichtbaren Ressource abhalten.
Die Folgen der digitalen Ausgrenzung
Die digitale Ausgrenzung betrifft mehr als nur den Internetzugang – die Konsequenzen gehen viel weiter. Ohne Erfahrungen mit digitalen Medien oder einen entsprechenden Zugang sind die Menschen auch von wichtigen Dienstleistungen ausgeschlossen. Gleichzeitig steigen Effekte wie soziale Isolation und Einsamkeit, da digitale Verbindungen heute zentraler Bestandteil sozialer Interaktionen sind.
Der Good Things Foundation zufolge verfügt jeder fünfte Erwachsene nicht über grundlegende digitalen Fähigkeiten, die für eine uneingeschränkte Teilhabe erforderlich wären. Wir befänden uns zudem mitten in der „vierten industriellen Revolution“, in der digitale Technologien in fast allen Bereichen allgegenwärtig sind. Dies hat zur Folge, dass immer mehr Arbeitsplätze eine digitale Qualifikation der Arbeitnehmer:innen erfordern. Eine digitale Kluft bedeutet daher auch, dass nicht-vernetzte oder digital ungelernte Nutzer:innen Schwierigkeiten haben, eine Beschäftigung zu finden. Das verschärft die wirtschaftlichen Ungleichheiten noch weiter.
In den letzten Jahren wurden im Vereinigten Königreich immer mehr Bankfilialen geschlossen und die Nutzung von Bargeld hat abgenommen. Nur 14 Prozent der über 85-Jährigen erledigen ihre Bankgeschäfte online, 58 Prozent verlassen sich noch immer auf den Besuch in der Filiale. Durch die zunehmende Verbreitung des digitalen Bankwesens besteht für viele ältere Menschen daher eine Gefahr. Sie können ihr Geld nicht mehr selbst verwalten.
Neben den Arbeitnehmer:innen und älteren Menschen sind auch Kinder benachteiligt. In einem Ofcom-Bericht aus dem Jahr 2021 heißt es, dass sechs Prozent der britischen Familien mit den Internetkosten zu kämpfen haben. Ein Bericht aus dem Jahr 2020 schätzt, dass zwischen 1 und 1,8 Millionen Kinder daheim keinen Zugang zu Laptops, PCs oder Tablets haben. Victoria Benson, Geschäftsführerin von Gingerbread, einer Wohltätigkeitsorganisation, die alleinerziehende Familien im Vereinigten Königreich unterstützt, sagte der BBC, dass „fast die Hälfte der alleinerziehenden Familien bereits in Armut lebe“. Sie fügt hinzu, dass „sie sich einfach keine teuren Breitbandverträge oder zusätzliche Daten für die Teilnahme der Kinder am Online-Unterricht leisten können.“
Während das Vereinigte Königreich mit einem langsamen Wirtschaftswachstum kämpft, nimmt die digitale Ausgrenzung weiter zu. Verstärkt wird dieser Prozess durch eine fehlende Verfügbarkeit günstiger digitaler Dienste. Wenn hier also niemand eingreift, werden die schwächsten und ärmsten Menschen zwangsläufig weiter zurückfallen.
Good Things Foundation: Die Pioniere der digitalen Inklusion
Seit fast zwei Jahrzehnten kämpft die Good Things Foundation gegen die digitale Ausgrenzung. Nicht nur Vereinigten Königreich, sondern auch weltweit. Während der Pandemie versorgte sie über 22.000 Menschen im Vereinigten Königreich kostenlos mit digitalen Geräten, Internetdaten und Unterstützung. Weltweit hat die Stiftung mit ihrer Aktion über vier Millionen Menschen erreicht. Die Arbeit von Good Things hat insgesamt große Wirkung gezeigt. Ihren Angaben zufolge konnten 20 Prozent der Teilnehmer:innen an ihrem Programm einen Arbeitsplatz finden. 52 Prozent gaben an, sich weniger einsam zu fühlen und 77 Prozent sind nun in der Lage, Onlinedienste der Regierung zu nutzen. 83 Prozent fühlen sich zudem sicherer bei der Nutzung von Online-Tools zur Verwaltung ihrer Gesundheit.
Im Mittelpunkt dieser Bemühungen steht das National Digital Inclusion Network. Der Dienst arbeitet mit Wohlfahrtsverbänden und Gemeinschaftsorganisationen zusammen. Er möchte dabei ein zugängliches und umfassendes Unterstützungspaket für digital benachteiligte Menschen bereitzustellen. Dazu gehört auch Learn My Way, eine gemeinschaftsorientierte Lernplattform, die durch die Vermittlung von Grundkenntnissen das digitale Selbstvertrauen stärkt.
Die Good Things Foundation hat in Zusammenarbeit mit Virgin Media O2 zudem eine nationale Datenbank für digitale Hilfsmittel ins Leben gerufen. Seit 2021 hat sie über 500.000 mobile Daten-SIMs gesichert, die sie über das National Digital Inclusion Network verteilt und damit Menschen ohne stabilen Internetzugang hilft, kostenlos in Verbindung zu bleiben.
Neben der Datenbank baut die Good Things Foundation auch eine nationale Gerätebank auf. Damit wird ein entscheidendes Hindernis für die digitale Integration angegangen: Der Zugang zu Geräten. Viele Menschen bleiben offline, weil sie sich kein Smartphone, Tablet oder Computer leisten können.
Die Nationale Gerätebank sammelt große Spenden gebrauchter digitaler Geräte von Organisationen aus verschiedenen Sektoren, bereitet sie auf und verteilt sie dann an Menschen, die keinen Internetzugang zu Hause haben. Gleichzeitig wird dadurch die digitale Kreislaufwirtschaft gefördert. Denn die Weiterverwendung bedeutet nicht nur, dass weniger Elektroschrott aus ungenutzten elektronischen Geräten anfällt – ein weiteres globales Problem. Zudem werden die digitalen Ressourcen in der Gesellschaft gerechter verteilt. In Deutschland verfolgt die Initiative „Hey, Alter“ ein ähnliches Prinzip. Sie gibt ausgemusterte Computer aus der Industrie an benachteiligte Schulkinder weiter.
Im Jahr 2022 werden weltweit 62 Millionen Tonnen Elektroschrott anfallen. Das ist fast das Doppelte der 2010 weggeworfenen Menge.
Den Rahmen für digitalen Wandel schaffen
Die Zahlen aus dem Jahr 2021 zeigen einen deutlichen Wandel. Immer weniger Menschen sagen, dass „nichts“ sie dazu bewegen würde, online zu gehen, und die Zahl derer, die bereit sind, ihre digitalen Fähigkeiten mit lokaler Unterstützung zu verbessern, hat sich versiebenfacht.
Das Internet ist also keineswegs vom Aussterben bedroht. Laut dem derzeitigen UN-Generalsekretär António Guterres „werden zwei seismische Verschiebungen das 21. Jahrhundert prägen: die Klimakrise und die digitale Transformation“. Um die digitale Kluft wirksam zu überwinden, brauchen Länder auf der ganzen Welt eine robuste soziale Infrastruktur, die eine erfolgreiche digitale Inklusion mitdenkt. Noch besser wäre eine, die dabei noch den Kreislaufgedanken fördert, sodass diese Integration nicht auf Kosten unserer begrenzten natürlichen Ressourcen geht. Organisationen wie die Good Things Foundation nehmen daher eine Vorreiterrolle ein. Sie unterstützen Menschen bei einem Zugang zur digitalen Welt, unabhängig von ihren Lebensumständen.
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