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Noch vor 16 Jahren hatte kaum jemand von Blockchain-Technologie gehört. Doch heute ist klar, dass die Technologie zu einer völlig neuen Art des Geldaustauschs geführt hat: Die Kryptowährung Bitcoin ist nur ein Beispiel. Die Gründer:innen der Kryptowährungsindustrie gehören zu den reichsten Menschen der Welt – oder, wie im Fall des FTX-Gründers Sam Bankman-Fried – im Gefängnis. Einige der ersten Investor:innen in Kryptowährungen sind finanziell für den Rest ihres Lebens abgesichert – oder sie verloren aufgrund der Marktvolatilität ihre Ersparnisse innerhalb von Sekunden. Andere hatten einfach Pech – wie im Fall eines Mannes, dessen Frau eine Festplatte wegwarf, auf der sich Bitcoins im Wert von heute 600 Millionen Pfund befanden.
Doch die Blockchain-Technologie ist nicht nur für die Finanzindustrie und ihre „Miner“ von Bedeutung. Ihre Auswirkungen betreffen auch diejenigen, die nicht in sie investieren. Der energieintensive Mining-Prozess trägt zu hohen CO2-Emissionen bei. Das Mining von Blockchains ist für 0,6 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich – mehr als die gesamte Ukraine. Was steckt hinter diesem immensen CO2-Fußabdruck der Blockchain? Und wie können wir ihn reduzieren?
Die Grundlage der Blockchain-Technologie
Bitcoin erlangte Berühmtheit dafür, dezentralisiert zu sein – und damit sicherer als traditionelle Banken. Dies ist der Funktionsweise der Blockchain zu verdanken. Da Blockchain-Daten von einem dezentralen Netzwerk verifiziert werden, ist es sehr kostspielig, sie zu ändern.
Proof of Work vs. Proof of Stake
Blockchains werden über dezentrale Konsensalgorithmen aktualisiert, bei denen Computer Transaktionen „verifizieren“ und neue Blöcke in der Blockchain erstellen. Als Anreiz für diese Arbeit erhalten diejenigen, die ihre Computerleistung zur Lösung dieser Algorithmen zur Verfügung stellen, neu ausgegebene Kryptowährung. Dieser Mining-Prozess wird als Proof of Work bezeichnet. Dadurch, dass mehrere Computer gleichzeitig um die Lösung eines Algorithmus konkurrieren, ist er sehr energieintensiv.
Im Jahr 2012 entwickelten Sunny King und Scott Nadal eine alternative Methode zur Erstellung von Blockchains, die als Proof of Stake bekannt ist. Bei diesem Algorithmus wird jeweils ein Validator ausgewählt, der versucht, die Transaktion zu verifizieren. Das bedeutet, dass nur ein Computer an der Erstellung eines neuen Blocks arbeitet, was viel weniger Energie erfordert als Proof of Work. Im Jahr 2022 wurde die Kryptowährung Ethereum auf einen Proof-of-Stake-Algorithmus umgestellt. Dadurch konnten mehr als 99 Prozent des Energieverbrauchs eingespart und der weltweite Energieverbrauch um 0,2 Prozent gesenkt werden.
Man könnte meinen, dass der Proof of Stake die Lösung für die Umweltprobleme der Blockchain wäre. Aber einige Blockchains, insbesondere Bitcoin, verbrennen weiterhin enorme Mengen an Energie, indem sie weiter auf Proof of Work setzen. Warum Bitcoin sich weigert, auf den Proof-of- Stake-Ansatz umzusteigen, haben wir Tara Merk, Doktorandin bei BlockchainGov und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Weizenbaum-Institut, gefragt. „Es ist eine ideologische Entscheidung von Bitcoin, weiterhin den Proof-of-Work-Ansatz zu verwenden“, erklärte sie. „Es ist traurig, das zu sehen, denn wir haben Alternativen [einschließlich des Proof-of-Stake-Ansatzes], aber Bitcoin ist ein Sonderfall.“
Diese Ideologie ist auf das Missverständnis zurückzuführen, dass Proof of Stake weniger sicher ist als Proof of Work. Die Bitcoin-Community ist fest entschlossen, die Unveränderlichkeit des Bitcoin-Protokolls aufrechtzuerhalten. Die meisten neuen Blockchain-Projekte würden dieses Missverständnis jedoch nicht teilen, sagt Merk. „Es wäre seltsam, wenn neue Projekte den Proof of Work verwenden würden.“
Die Blockchain im Umwelt- und Klimaschutz
Bitcoin mag sich gegen den Wechsel zu einem energiesparenden Ansatz sträuben. Aber Merk hat auch positive Nachrichten: „Es gibt eine wachsende und ernsthafte Blockchain-Community namens ‚Regens‘, die die Blockchain-Technologie für den Klimaschutz einsetzt.“
Dazu gehört die Gemeinschaftswährung Kolektivo, die Nutzer:innen einen Rabatt gewährt, wenn sie regionale Produkte kaufen. Climate Guardians ist ein Videospiel, das die Blockchain-Technologie nutzt, um die Spieler:innen über die Klimakrise aufzuklären. Und die dezentrale Technologie bildet auch die Grundlage für einige Lösungen zur Verfolgung von Lieferketten. Im Projekt ForestGuard wird die Lieferkette von Kaffee mithilfe einer Blockchain transparent gemacht und im Projekt Textile Trust die von Textilien. Regens nutzen die Blockchain auch, um soziale Anliegen zu unterstützen. Die Kryptowährung Circles zum Beispiel will ein universelles Grundeinkommen fördern.
Doch die Blockchain kann nicht nur die Transparenz in komplexen Prozessen verbessern. Merk weist auf einen weiteren Vorteil der Technologie hin: Sie kann die Qualität der Daten verbessern. Da Blockchain-Daten sowohl unveränderlich als auch zugänglich sind, können andere Teilnehmer:innen mit vorhandenen Datensätzen in der Kette arbeiten. Dieses Open-Source-System würde es ermöglichen, von vorhandenen Daten zu profitieren, anstatt neue Ressourcen in Forschung und Datenerhebung zu investieren, so Merk.
Können Umweltlösungen auf Blockchain basieren?
Kann die Technologie also ein geeignetes Instrument im Umwelt- und Klimaschutz sein? Merk weist auf ein Problem hin, das mit dieser Frage verbunden ist: „Die Menschen sehen oft das Geldverdienen als Teil von Blockchain-Lösungen, weil die Technologie mit Bitcoin begann.“ Da Blockchain-Miner Kryptowährung als Gegenleistung dafür erhalten, dass sie mit ihren Computern an Validierungsberechnungen teilnehmen, ist die Blockchain untrennbar mit der Vermögensbildung und nicht mit dem Klimaschutz verbunden.
Ein weiteres Problem ist die Verwendung von CO2-Gutschriften, um die Blockchain-Emissionen auszugleichen. Ähnlich wie bei CO2-Ausgleichssystemen für Flüge schafft dieses System einfach nur mehr Nachfrage, erklärt Merk. Die Vorstellung, dass man seinen Konsum wie gewohnt fortsetzen und einfach zum Ausgleich eine CO2-Gutschrift erwerben kann, ist nicht die Lösung für die Klimakrise. Für Blockchain-Nutzer:innen, die ihren CO2-Fußabdruck verfolgen wollen, ist Carbon.fyi jedoch ein hilfreiches Tool.
Wie sehen Lösungen für eine nachhaltige Digitalisierung aus?
Die digitale Welt wird zu einem immer größeren Problem für Umwelt und Klima. Doch es gibt viele Lösungen für eine ökologische und faire Digitalisierung – wir haben sie recherchiert!
So schrumpfst du deinen digitalen CO2-Fußabdruck und trägst zu einer zukunftsfähigen digitalen Welt bei: Digital und grün
Die Blockchain-Technologie hat zwar großes Potenzial, aber Merk warnt davor, sich von jedem neuen Anwendungsfall zur Rettung des Planeten mitreißen zu lassen. „Eine glänzende neue Sache lenkt von den eigentlichen Ursachen [der Klimakrise] ab. Welche Verhaltensweisen müssen wir auf allen Ebenen ändern?“ Wenn die Entwickler:innen von Blockchains immer noch unzählige Flüge unternehmen, um ihr Geschäft voranzutreiben, ist jede CO2-reduzierende Wirkung dieser digitalen Technologie überflüssig.
Was bedeutet das für uns?
Können wir die Blockchain-Technologie also bedenkenlos als Teil unseres digitalen Instrumentariums für nachhaltige Klimalösungen einsetzen? Oder werden die Kohlenstoffemissionen dem Planeten am Ende nur noch mehr schaden?
Die Kombination des emissionsreduzierenden Proof-of-Stake-Algorithmus mit dem Betrieb der Blockchain mit Wind- oder Solarenergie ermöglicht es uns auf jeden Fall, die Umweltschäden zu minimieren. Während die Stromquellen der Blockchain von jedem einzelnen Miner abhängen, werden einige Projekte bereits mit erneuerbaren Energiequellen betrieben.
Die EU hat im Dezember 2024 einen Rechtsrahmen veröffentlicht, der von Kryptowährungen verlangt, Informationen über ihre Umweltauswirkungen zu veröffentlichen. Dies ist ein Schritt in Richtung mehr Transparenz. Aber ohne weitere politische Regulierung ist es davon auszugehen, dass die Blockchain-Technologie vor allem für einen weiter steigenden Energieverbrauch sorgt.

Dieser Artikel ist Teil des Dossiers „Digital und grün – Lösungen für eine nachhaltige Digitalisierung“, in dessen Rahmen wir Lösungen für eine ökologische und faire Digitalisierung vorstellen. Wir danken der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für die Projektförderung!
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