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Wer im Jahr 2024 im Umweltjournalismus arbeitet und auf Heimatbesuch durch Neubaugebiete läuft, der kommt um ein Lächeln auf den Lippen kaum drum herum. Denn Photovoltaik-Anlagen finden sich auf immer mehr Dächern und sogar auf Balkonen und in Vorgärten. Den Vorteil, eigene Energie zu erzeugen und damit etwa elektrische Fahrzeuge laden zu können, ist für viele Menschen in den letzten Jahren greifbar und erschwinglicher geworden.
Sie nehmen aktiv an der Energiewende teil, da es für sie neben der Nachhaltigkeit auch weitere Vorteile wie eine Unabhängigkeit von Energieversorgern bringt. Umso wichtiger ist es daher, dass wir ein Recycling von Solarzellen beim Kauf gleich mitdenken.
Der chinesische Solar-Gigant Trinasolar hat es nun als erstes Unternehmen geschafft, eine neue Solarzelle vollständig aus gebrauchten Solar-Paneelen herzustellen. Wird Solarenergie jetzt also noch nachhaltiger?
Recycling von Glas, Silizium, Aluminium und Silber
Genauer gesagt ist es Trinasolar gelungen, ein c-Si-Modul zu 100 Prozent aus recycelten Materialien herzustellen. Derartige Module nutzen kristallines Silizium als Halbleitermaterial. Dieses wird mithilfe weiterer Chemikalien so verändert, dass es bei Lichteinfall Elektronen abgeben oder aufnehmen kann. Photovoltaik-Module mit kristallinem Silizium sind sowohl in der Wirtschaft als auch in privaten Haushalten die verbreitetsten Solarmodule. Für die Umwelt ist das insofern entlastend, als dass Silizium das zweithäufigste Material in der äußeren Erdschicht ist.
Spannend sind die Technologien von Trinasolar dennoch. Denn über den Einsatz selbst entwickelter Chemikalien kann das Unternehmen die Schichtstrukturen der recycelten Solarpaneele aufbrechen. Dabei ist auch eine Extraktion von Silber möglich – insgesamt recycelt Trinasolar bei ihrem Verfahren Glas, Silizium, Aluminium und Silber.
Unmengen alter Solarzellen werden zu Elektroschrott
Die Menge an Solarzellen, die in Deutschland als Elektroschrott anfallen, wird bis zum Jahr 2029 auf 400.000 bis 1 Million Tonnen ansteigen. Privatpersonen und Firmen können sie nach Vorgaben der WEEE-Richtlinie als herkömmlichen Elektroschrott an Wertstoffhöfen entsorgen. Die dabei gewonnenen Materialien werden also eingeschmolzen, geschreddert und etwa für Glaswolle oder Aluminiumgehäuse wiederverwendet.
KI soll neue Materialien für Solarzellen finden
Mit Wirkungsgraden um 20 Prozent gelten Solarzellen bereits als effizient – der Großteil der aufgenommenen Energie geht aber noch immer verloren.
Forschende des Forschungszentrum Jülich möchten ein neuartiges KI-System dazu nutzen, um ganz neue Materialien für den Einsatz in PV-Modulen zu finden. Ist „SOL-AI“ eine Revolution für die Energiewende?
Für eine Behandlung als herkömmlicher Elektroschrott sind Photovoltaik-Module aber zu wertvoll. In einigen Fällen enthalten sie zudem viele umweltschädliche Materialien. Statt Glaspaneele und Aluminiumrahmen zu schreddern oder einzuschmelzen, ließen sich diese Komponenten für den Bau neuer Module wiederverwenden. Das wäre ressourcenschonender, gleichzeitig sparen wir dabei Emissionen ein.
Silizium ist als Rohstoff zwar in großen Mengen vorhanden. Um den reinen Rohstoff aus Quarzsand zu gewinnen, sind aber hohe Temperaturen und somit auch eine hohe Energiezufuhr vonnöten. Intakte Solarpaneele zu recyceln, die lediglich nicht mehr den benötigten Wirkungsgrad liefern, ist daher umso wichtiger. Zumal Ereignisse wie die aufeinanderfolgenden Hurrikans Helena und Milton in den USA zeigen, wie empfindlich Solarfarmen in Katastrophenfällen sind.
Hat Trinasolar also die Lösung für grünere Solarzellen gefunden?
Das Recycling von Solarzellen ist auch in anderen Ländern ein Forschungsthema. Forschende am Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik (CSP) in Halle an der Saale konnten schon 2023 eine Solarzelle zu großen Teilen aus Recycling-Material herstellen. Dessen Wirkungsgrad lag mit 19,7 Prozent – das Trinasolar-Paneel bietet einen Wirkungsgrad von 20,7 % – nur geringfügig unter der Leistung eines Moduls ohne Verwendung von Recycling-Materialien.
Forschungsleiter Andreas Obst betonte gegenüber Spektrum allerdings, dass es sich hierbei bewusst um eine Machbarkeitsstudie handelte. Die Ökobilanz des Recyclings wurde also nicht mitgedacht und genau hier könnte auch beim neuen Verfahren von Trinasolar der sprichtwörtliche Knackpunkt liegen. Ist die Ökobilanz des Verfahrens schlechter als die Verwendung neuartiger Materialien, eignet sich das Recycling-Verfahren nicht für einen industriellen Einsatz.
Antoine Chalaux von ROSI, einem französischen Recycling-Unternehmen für Solarzellen, verriet gegenüber RESET, dass dies abhängig von den verwendeten Chemikalien sei. Ob beim Recycling-Prozess von Trinasolar aber umweltschädliche oder umweltverträgliche Chemikalien zum Einsatz kommen, gehe aus der Pressemitteilung nicht hervor. Um tatsächlich bessere Recycling-Quoten in der Photovoltaik-Industrie zu erreichen, müsste das Verfahren zudem auch wirtschaftlich sinnvoll sein. „Bei ROSI können die Recycling-Materialien mit den Preisen neuwertiger Materialien mithalten. Das ist keineswegs ein einfaches Unterfangen.“
Ob eine Wirtschaftlichkeit beim Recycling-Modul von Trinasolar besteht, wissen wir aktuell noch nicht. Allerdings, und das betont Antoine Chalaux auch, ist die Entwicklung eines modernen und zu 100 Prozent recycelten PV-Panels von einem führenden Hersteller ganz allgemein eine sehr gute Nachricht.
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